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Zum Warten verdammt

Wir sitzen fest. Richtig fest!
So sehr hatten wir uns auf ein paar Tage Ausruhen vor Anker gefreut! Ausschlafen, Diesel und Wasser bunkern, Wäsche waschen, uns und das Schiff putzen. Nach 2 Tagen nur Schlafen und Ausruhen (Komischerweise tun Tina und mir am 2. Tag alle Knochen weh und wir fühlen uns wie 100!) haben wir den Rest in 2 weiteren Tagen in Ruhe erledigt und sind wieder abfahrtbereit.

Die Polizei kommt verbei zum Einchecken

48 Stunden darf man offiziell hier vor Anker bleiben, nach 4 Tagen hat sich glücklicherweise immer noch keiner beschwert. Bestimmt liegt das daran, dass wir 4 die Wirtschaft auf den Azoren so richtig ankurbeln! Die Mengen, die wir zum Essen bestellen oder die Einkaufsliste würde einer doppelt so großen Crew alle Ehre machen! Die Boys von Peters Cafe Sport haben ihre Freude an uns; täglich schallt ihr langgezogenes „Ithaka“ schon von weitem quer über die Bucht. Inzwischen haben sie auch gelernt, dass der portugiesische Wein für 3 bis 5 Euro den Ansprüchen von Skipper und Smutje so gar nicht genügt. First Mate und Crew vernichten nach wie vor die letzten guten Bestände aus der Bilge.

Nur 2 Personen von Peter Cafe Sport dürfen die Yachten mit allen Notwendigen versorgen. Duarte und Philippe.
Essen und Trinken für Ithaka und ein paar andere Schiffe
Essen wird gebracht
Der Tank- und Reparaturquai ist abzäunt. Nur autorisierte Peronen von Land dürfen in Schutzanzügen und Atemmasken auf den Quai.

Beim Sundowner wandern unsere Blicke sehnsüchtig zu den grünen Hügeln hinter dem wirklich netten Ortsbild, zu den imposanten Kathedralen von Horta und besonders zu der offenen Tür von Peters Cafe Sport. So nah und doch so fern! Wir dürfen einfach nicht hin!!!

Horta – so nah und doch so fern für uns
Peter Cafe Sport die berühmteste Seglerkneipe der Welt. Der absolute zentrale Versorgungspunkt für alle Segler.
Vulkan

Aber wir freuen uns ja auch wieder auf Zuhause. In Holland dürfen wir uns schon frei an Land bewegen, haben wir in Erfahrung gebracht. Auch Frankreich ist wohl relativ kulant gegenüber Yachten im Transit. Über England wissen wir bisher nur, dass wir Falmouth anlaufen und Diesel und Lebensmittel bunkern können. Noch wissen wir nicht, ob wir an Land dürfen. Aber falls nicht, wären wir ja 3 Tage später in IJmuiden. Dann mal los!

Wir schreiben unserem Wetterguru Sebastian Wache von Wetterwelt, dass wir wieder startklar sind. Seine Antwort bestätigt leider die Recherchen des Skippers, ist so richtig ernüchternd und führt besonders bei unserem Smutje zu sichtbaren Depressionserscheinungen. Zwei kräftige Hochs sorgen in der gesamten nächsten Woche für Winde aus Nordost, teilweise in Sturmstärke. Nordost – da wollen wir doch hin! „Bleibt, wo ihr seid“, rät er uns, „in diesen Wind möchte ich euch nicht reinschicken!“ Und wenn die Marina in Horta uns nicht mehr bleiben lässt? Für diesen Fall hätte er als Alternativen anzubieten: Kurs Lissabon und dort auf besseres Wetter warten, zwischen den Azoreninseln Inselhopping von Bucht zu Bucht betreiben (falls das erlaubt ist) oder aber in den Kern des Sturmgebiets reinfahren, wo der Wind dann nicht ganz so stark ist. Bei letzterem wäre aber das Zuggebiet bisher noch nicht richtig vorhersehbar.

Geht’s noch???? Sebastian hat sein Ziel erreicht. Wir werden alles daransetzen, irgendwie die Erlaubnis zu bekommen, noch eine Woche möglichst unsichtbar in der hintersten Ecke des Hafenbeckens ankernd zu verbringen.

Heute ist Samstag. Aus Wuppertal, Tina und Bernds Heimatstadt, hören wir von 27° und Sonnenschein. Hier sind es 15° und es regnet. Dazu ist für das Wochenende viel Wind angesagt; wir führen also ausführliche Diskussionen über den richtigen Ankerplatz. Wir haben schon gelernt, dass wir hier morgens in der kompletten Gegenrichtung liegen können als beim Schlafengehen, was vor zwei Tagen zu einem frühen Ankermanöver noch völlig verpennt und im Schlafanzug geführt hat. Wir brauchen also Platz für einen kompletten Kreis um uns herum. Dazu nutzen wir frech aus, dass unser Nachbar zum Tanken und Wasserbunkern an den Quai muss und lassen nochmal 10 m Kette raus. Weggegangen, Platz vergangen!

Von außen gesehen, wird unsere Stimmung vielleicht zunehmend ein bisschen biestiger. Wir sind einfach genervt, dass wir nicht weiter kommen. Wenn wir an Land könnten, wäre ja alles gar kein Problem, dann wäre es hier ja wie Urlaub! Aber so! Regenwetter, kalt, keine Bewegung. Christoph hat schon seine Winterschlafdecke zusätzlich zur Sommerschlafdecke in den Bettbezug gepackt und die Heizung ausprobiert. Sie funktioniert!!! Was Tina heute Morgen um 9 Uhr vom Bett der Vorderkajüte nach hinten rufen ließ: „Warum hat der Hausmeister die Heizung noch nicht angestellt, bevor ich ins Bad gehe!?!“ Um 10 Uhr frage ich Bernd, der sich gerade einen Kaffee macht vom Bett aus: „Nenne mir einen vernünftigen Grund, um aufzustehen!“ „Es gibt keinen“, war die Antwort. Also gut……

Angela sonnt sich in der Abendsonne
Bernd geniesst sein Bier am Abend oder auch schon früher

Gott sei Dank ist die Stimmung untereinander immer noch völlig friedlich, keiner von uns zeigt irgendwelche Mordgelüste! „Nervt nicht, ihr könnt sowieso nichts ändern!“, kommt höchstens von den Männern, wenn Tina jammert, dass sie zu ihrer Enkeln, Familie und Freunden nach Hause will und ich wieder mal aufgebracht über den Wetterbericht schimpfe und unbedingt jetzt sofort an Land will, um mal wieder richtig zu laufen. Abends spielen wir Kniffel oder Rummikup, das macht Spaß, bringt uns zum Lachen und lenkt ab.

Wäsche waschen und trocknen
Bestes Essen vom Lieferservice
Manchmal auch nur Pizza, auch sehr gut

Gestern Abend lasen wir plötzlich einen Beitrag in der Whatsapp-Gruppe Sailing home, dass die Bestimmungen auf den Azoren zum 1. Juni gelockert werden sollen. Wie?? Was??? Wann???? Als unser Essen geliefert wurde, fragen wir bei Duarte und Philippe nach. Sie sind wirklich Schätze! Immer noch fröhlich und gut gelaunt erklären sie uns, dass das die Frage des Tages sei, auf die sie bestimmt schon 50 Mal nicht antworten konnten. Niemand weiß bis jetzt, wie die neuen, von Lissabon erlassenen Vorschriften 1. zu interpretieren sind und 2. von der Regionalregierung der Azoren in St. Miguel umgesetzt werden. „Freut euch nicht zu früh, das dauert bestimmt seine Zeit und wir werden es wohl nicht mehr erleben“, ermahnt der Skipper. Tina und ich hatten uns natürlich sofort in allen Farben und Facetten Spaziergänge, den Besuch von Peters Cafe Sport und selbstständiges Einkaufen ausgemalt.

Aber die Hoffnung stirbt zuletzt! In diesem Sinne, drückt uns die Daumen!

Gute Laune trotz der Stuation

Herzlichst Angela und die gesamte Ithaka-Crew

3 replies »

  1. It’s great to know you are in good spirits, knowing Christophe as I do I would also imagine the bilges held a good supply of french wine from Martinique!

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  2. Es gibt Vorschriften und Entscheidungen, die einfach bar jeglicher Vernunft sind. Wenns nicht so traurig wäre, müsste man laut lachen. Aber es hilft wohl keine Enttäuschung oder Ärger…… Und übrigens, diese Masken sind einfach nur lächerlich. Und wenn, dann müsstet ihr, nach 3 Wochen auf hoher See sicher kerngesund, sie zum Schutz vor den „Landratten“ tragen.

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