20. Mai 2020 14:00 Ortszeit, 16:00 UTC, 18:00 MSZ (Wir haben die Uhren 2 Stunden vorgestellt) Position: Nord 32°10´, West 39° 42´
Wetter: schön, 18 kn TWS (True Wind Speed), 12 kn AWS (Apparent Wind Speed), SOG 6,5 kn
Zustand Crew und Schiff: sehr gut, Seekrankheit auch bei mir (Christoph) überwunden
Seit einer Woche schlagen wir zahlreiche Haken und kämpfen uns tapfer durch die Rossbreiten, das Flautengebiet zwischen den nördlichen Tiefdruckgebieten und den südlichen Hochdruckgebieten. Das Wetterrouting von Wetterwelt leitet uns und schickt uns täglich Updates zu Wetterentwicklung und Wegepunkten, die wir ansteuern sollen. Täglich melden wir unsere Position zurück. Die Kommunikation erfolgt per Email über Kurzwelle, was manchmal mühsam ist, weil die Funkbedingungen nicht immer gleich gut sind.
Wetterwelt steuert uns geschickt durch Hochdruck- und Flautensysteme, in denen wir motoren müssen, punktgenau direkt vor die Tiefdruckgebiete, die aus West kommen und Wind bringen. Sie erreichen uns lehrbuchmäßig mit Warmfront, Regen und Gewittern und nachfolgender Kaltfront mit furchteinflößender Windwalze. Dort knallt es dann sozusagen planmäßig. Mit viel Wind jagen wir dann Richtung Osten, bis der Wind auf Nord umschlägt und das Ganze wieder vorbei ist. Dann suchen wir das nächste Windgebiet.
Letzte Nacht wurden wir auch wieder fast exakt im Zeitplan von der Südseite eines sehr starken Sturmtiefs gepackt und nach Osten getrieben. Um die Windsituation so zu erreichen mussten wir zunächst sogar ein Stück zurück nach Süden segeln, um nicht zu stark einen auf die Mütze zu bekommen. Der Aufwand hat sich gelohnt. Um Mitternacht legte der Wind auf 6-7 Beaufort zu und wir brausten mit Raumschotwinden (Wind von schräg hinten) durch die pechschwarze Nacht. In der Spitze machten wir über 11 Knoten Fahrt durchs Wasser. Wir wähnten uns zunächst schon auf einem Volvo Ocean Racer, haben dann aber doch die Segel gekürzt und sind mit 8-9 Knoten durchs Wasser geglitten, wobei wir von den recht hohen Wellen oft ganz schön durchgeschüttelt wurden.
Mit den sehr veränderlichen Winden müssen wir viel mit den Segeln arbeiten: Segel setzen, Segel reffen, Genua bergen, Fock setzen, Backstagen anschlagen und wieder abschlagen, Segelverhältnisse verändern, Segel trimmen, Genua ausbaumen, Segel bergen, Motor an, und das Ganze wieder von vorne. Selten können wir auch nur einen halben Tag/Nacht mit gleicher Segelstellung dahinsegeln. Die Segelmanöver funktionieren bestens. Wir sind inzwischen ein perfekt eingespieltes Team und eine Hand stützt die andere. Wir können uns gar nicht vorstellen, wie wir dies über so eine lange Zeit zu zweit hätten machen sollen! Fast schon systematisch ändert sich der Wind kurz vor Sonnenuntergang oder wir fahren bei fallendem Tageslicht in die Sturmfronten hinein. Das ist ziemlich schaurig und gar nicht schön! In den Stunden davor und besonders danach muss dann an den Segeln gearbeitet werden, weil das Rückseitenwetter der Kaltfront eben veränderliche Winde bringt.
Trotz eines für uns perfekten Wachsystems im Drei-Stunden Turnus sind wir teilweise sehr müde, weil in einigen Nachtstunden alle Hände an Deck gefordert sind, was eben Schlafmangel bedeutet. Das Motoren durch die Flautengebiete gibt dann Zeit, um Schlaf nachzuholen.
Es bleibt noch spannend, bis wir die Azoren erreichen. Der drohende erste Tropensturm Arthur bei den Bermudas mit Zugbahn Ost, der uns viele Tage bedrohte, hat sich mittlerweile umgewandelt in ein Tief und wird uns wohl nichts anhaben. Aber wir müssen noch eine ganze Strecke nach Norden und da passt der Wind noch nicht, weil Ostwinde drohen. Wir sind also noch gefordert.
Wir melden uns wieder.
Christoph und die ganze Ithaka Crew
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