„Wie muss ma jätz den Plastikball mit dem Strick fästmacha?“ fragt Heinz im augsburgerischen, schwäbisch-bayerischen Dialekt. Heinz ist unser neuer Gast und mein langjähriger vertrauter Freund. „Heinz, das ist kein Plastikball, sondern ein Kugelfender und kein Strick, sondern eine Leine. Der Fender wird mit einem Webeleinensteg an der Reling befestigt,“ erwidert Angela bestimmt. Sie ergänzt: „Wir müssen das jetzt richtig mit dir üben, denn für deine kommende Sportbootführerschein-See-Prüfung musst du das wissen.“
Wie konvertieren wir einen passionierten Jäger und Sammler, der das Meer so gar nicht mag, zum Seemann?
Nachdem Heinz von dem in der Seefahrt verpönten Begriff „Strick“ nicht loslassen will, führt Angela nach einigen Tagen den „Memory Strick“ ein. Jedes Mal „Strick“ gesagt, gibt einen Knoten und der kostet am Ende der Reise pro Stück 5 US$ in die Bordkasse. „Oh mei,“ sagt Heinz, „aberr isch ächt ok, sonst lern i s´ja net.“ Heinz bringt auch einiges mit. Nicht nur die von uns dringend ersehnten Filter für den Wassermacher, sondern auch sein Ordnungssinn. Wir sind eigentlich richtig ordentlich, aber Heinz lehrt uns, dass Ordnung auch ein Bild geben muss. So werden Tauchflossen, Schuhe, Leinen etc. ab sofort so aufgermäumt, dass es nicht nur funktional ordentlich ist sondern auch ein Bild gibt. Also Schuhe und Flossen sauber in einer Reihe an Backbord und alle Arbeitsleinen, die sonst an der Reling hängen nach Farbe sortiert an Steuerbord. Das gibt eine tadelloses Bild. „Again what learnt“. Danke Heinz.

Der Memory Strick, nicht zu verwechseln mit einem Memory Stick

Heinz und ich, seit vielen Jahren eng verbunden

Starke Dreier Crew für einige Tage

St. Vincent and the Grenadines
Wir nehmen Heinz mit auf unserer Reise durch die Grenadinen. Bequia ist der Startpunkt. Wir erkunden die Insel, schwimmen und genießen das Leben für einige Tage in vollen Zügen. Die Grenadinen sind der absolute Höhepunkt unserer bisherigen Reise durch die Karibik. Türkises Wasser, Riffe, Fische, Schildkröten und Langusten erwarten uns. Wir waren so gespannt und werden nicht enttäuscht. St. Vincent hatten wir auf unserem Weg hierher bewusst ausgelassen. Zuviel Kriminalität lässt es uns zu riskant erscheinen, dort vor Anker zu gehen. Der gut orientierte Taxifahrer in Bequia bestätigt uns das und warnt eindeutig davor. Wir waren schon misstrauisch, als uns wiederholt Boatboys ca. 2 Seemeilen vor der Küste in ihren Miniholzbooten abfangen wollten, um uns zu überreden, in eine der Buchten zu kommen.
Aber hier in Bequia sind wir sehr sicher. Die Menschen sind freundlich und ausgesprochen zurückhaltend.

Bucht von Bequia

Bequia: ein ruhiger Platz (abgesehen vom Wind) und Einstieg zu den Grenadinen
Wir legen los und beschließen eine Rundreise über die bekannten Inseln Mayreau, Tobago Keys und Union Island. Kleine Distanzen, damit sich unser Gast wohlfühlt. Wie immer, wenn jemand an Bord ist, mache ich mir viel zu viele Sorgen, dass nur ja alles gut geht. Auch sorgen mich meine Eltern, denn die zunehmenden Hiobsbotschaften aus Garmisch kommen jetzt täglich. Einmal sagt Heinz dann zu mir: „Jetzt bleib doch locker und chill mal, für mich ist das schon ok, wenn es so wackelt und das mit deinen Eltern liegt nicht in deiner Macht.“ Ich gebe mir Mühe und zeitweise gelingt es auch.

Ein Bier und etwas Ruhe für mich. Herrlich!

Wir sind lustig und gut drauf… in Mayreau

Ohne Dinghies gibt es kein Essen und kein Rumpunches

Schöne Tage, Geniessen in guter Gesellschaft
Das Ansteuern der Insel und Ankern ist nicht ganz trivial. Sprunghafte Tiefenänderungen, Korallenbänke, starke Strömungen, viel Wind, sehr viele Charteryachten und die vielen Boatboys machen es zu einer Herausforderung, die die volle Aufmerksamkeit von Angela und mir fordern. Keine Zeit für einen lockern Plausch mit unserem Gast. Ruhe an Bord ist gefordert, das bestätigen uns auch die anderen Yachten, die wir schon kennen. Welche große Freude, Guido von der IMPERIA und Sibylle und Burkhard von der ITHAKA hier zu treffen. (siehe auch Blog imperia-sail.de und sy-ithaka.de).

Tobago Keys: Ankern im offenen Meer nur geschützt durch das Riff

Das Meer türkisgrün mit schönen Fischen und tückischen Riffen

Unbewohnte Inseln dazwischen

Wie im Prospekt – nur noch viel besser
Natürlich bemerken die Boatboys das Erscheinen von 2 stattlichen Yachten mit dem gleichen Namen und dann auch noch mit deutscher Nationale. Ein Boy kommt ganz aufgeregt zu Angela mit seinem Surfbrett, berichtet ihr davon und fragt, ob er ihr das Schiff zeigen soll. Angela drückt ihm 3 ECD (1 Euro) in die Hand und dankt ihm lächelnd für die Auskunft. Sie versteht es wirklich gut mit den Boatboys, obwohl sie sie selten in Anspruch nimmt. Ab und zu drückt sie ihnen etwas Kleingeld in die Hand, wenn sie beim Anlanden am Dinghi-Dock helfen. Ich bin da viel genervter, weil sie das Ankommen und Aussuchen eines Ankerplatzes unter den genannten schwierigen Bedingungen zum Teil, der eine oder andere vielleicht sogar bewusst, behindern, damit man dann doch an eine gebührenpflichtige Mooringboje geht und ihre Dienste in Anspruch nimmt. Das wollen und brauchen wir aber nicht, weil Ankern einfach sicherer ist und eben auch nichts kostet. Die wirklich guten Boatboys bieten Brot, Fische oder Früchte an oder entsorgen bei Bedarf den Müll. Das ist ein guter Service, der etwas Geld wert ist.

Tagsüber schwimmen wir im türkisenen Wasser und diskutieren viel. Angela liebt es, wenn ich sie schnorchelnd entlang der Riffkanten mit einer langen Leine hinter dem Dinghi herziehe. Sie bewundert die Unterwasserwelt und kann gar nicht genug davon bekommen. Abends essen wir Langusten an verschieden Orten. Ich stelle fest, dass Frischegrad und Geschmack deutlich variieren. Bekannterweise bin ich Meeresfrüchtefan und habe mich auf diese kulinarischen Spezialitäten schon seit langem gefreut. Es ist dann auch ein Erlebnis, was sich auch von den Kosten gut im Rahmen hält. Nur einen frischen trockenen Weißwein hätte ich ganz gerne dazu, aber hier muss ich Abschläge machen. Bier oder Wasser oder Rumpunsch. Basta. In dunkler Nacht suchen wir dann mit Stirnlampen und dem Dinghi unseren Weg durch die anderen Schiffe und Riffpassagen zurück zu unserer ITHAKA.


Union Island: Die Leute sind recht lustig hier und immer zu einem Plausch bereit
Während wir hier von einem Highlight zum nächsten segeln, spitzt sich die gesundheitliche Situation meiner Eltern endgültig zu. Ich halte Kontakt so gut es über die große Distanz geht. Schließlich ruft mich eine meiner Schwester um 5 Uhr morgens an und sagt mir, dass meine Mutter mit mir sprechen will. Wir reden nur ganz wenige Worte, nicht mal Sätze. Ich beschließe mit den Worten: „Wir kommen.“
Jetzt müssen wir organisieren und superschnell nach Martinique zurücksegeln, sowie alle Vorbereitungen treffen, um von Bord zu gehen. Auch brauchen wir einen sicheren Liegeplatz für ITHAKA.
Wir verabschieden heute etwas vorzeitig von unserem quirligen, interessierten und überaus ordentlichen Seemann Heinz, mit dem wir 10 schöne Tage verbracht haben. Das Meer ist keine Bedrohung mehr für ihn, Baden darin problemlos, die Knoten sitzen. Es gibt keine Stricke mehr, sondern nur noch Leinen, Kursbeschickung mit Magnetkompasskurs und rechtweisender Kurs sind immer noch etwas schwierig, aber er ist auf gutem Weg. Heute Nacht gehen wir Anker auf und segeln nonstop bis Martinique. Mittlerweile wissen wir, dass wir ITHAKA in der in der Schiffswerft lassen können. Das ist gut und schafft etwas Ruhe.
Turbo Summary for English Readers:
Jointly with our friend Heinz we exploit the Grenadines. We start in Bequia then Tobago Keys, Union Island, Mayreau. Wonderful spots. Lobster becomes our preferred dish. We enjoy these days and teach a passionate hunter some lessons in seamanship. Not unexpected, we get the call to return to Germany as Christoph´s mother is seriously ill.
VG
C.
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