Wir verfolgen den tropischen Wirbelsturm Leslie schon seit vielen Tagen. Er lag zunächst relativ unbeweglich auf dem West-Atlantik. Dann endlich bewegte er sich in Richtung Europa. Langsam aber unaufhaltsam. Die Wettervorhersagen sind uneinheitlich. Wir vermuteten, dass er irgendwann kommt, deswegen haben wir uns beeilt zu den Kanarischen Inseln zu kommen.
Situation 5. Oktober
Schließlich beginnt der dann Fahrt aufzunehmen. Wir sind froh, dass wir nicht nach Madeira gefahren sind….
Situation 13. Oktober
Wir sind sicher in der Marina Rubicon im Süden von Lanzarote. Ein Tagesausflug mit dem Mietwagen über die Insel am Freitag bringt uns einmal einen Urlaubstag. Weg von Schiff und der Arbeit. Erinnerungen von vor 30 Jahren aus unserem „ersten“ Leben mit Urlaub in Lanzarote kommen hoch. Wie perfekt ist dieses Lanzarote für den Tourismus geworden. Vielleicht viel zu perfekt??
Die grüne Lagune
Salzabbau
Der wilde Norden
Die Mitte – Weinanbau
Sorgfältige Steinwälle um jede Weinrebe
La Graciosa im Norden von Lanzarote
Zurück am Schiff. Immer mehr Schiffe sind angekommen und alle sind in Vorbereitung für die große Atlantiküberquerung. Die meisten gehen wie wir mit der ARC-Organisation. Aber auch andere Organisationen sind hier unterwegs. Nette Gespräche mit Seglern aus allen Ländern. Erfahrungsaustausch.
Nächster Tag. Samstag. An den WCs sind Warnmitteilungen ausgehängt. Besondere Wachsamkeit ist geboten und die Schiffe sollen besonders sicher vertäut werden. Auch hören wir, dass die Marina abrät, in den nächsten 48 Stunden auszulaufen.
Schönstes Wetter und leichter Wind. Wir wundern uns und gehen unseren Wartungs- und Vorbereitungsaktivitäten nach. Ein kleines Mittagessen nach spanischer Art so gegen 14:30, dann ein kurzer Mittagsschlaf.
Ich wache durch die Geräusche am Steg auf. Viel Gerede und auch Gelächter. Aber ich höre gewisse Oberstimmen aus dem Stimmgewirr heraus, die Erregung signalisieren. Auch ist das Gelächter etwas schriller als normal. Zu früh, dass die anderen Crews schon zu viel Alkohol hätten. Insbesondere weil es hier auch sehr gediegen zugeht. Keine Exzesse. Trotzdem es stimmt etwas nicht. Die Stimmlagen und Gelächter signalisieren Unruhe. Ich stehe auf und wir schlendern bis ans Ende der Hafenmole, um uns einen Überblick zu verschaffen. Die See ist bewegt aber alles normal. In Hafen tanzen die Schiffe sehr nervös in ihren Leinen. Offensichtlich läuft eine an den Kaimauern reflektierende Welle und Strömung von Westen in den Hafen und durch unterirdische Kanäle nach Osten ab.
Wir bemerken, dass Marinamitarbeiter geschäftig unterwegs sind. Ungewöhnlich! Die Vertäuung jedes Bootes wird gecheckt. Leinen werden justiert und Klampen am Steg werden versetzt, um eine bessere Sicherung zu erreichen. Spinnenvertäuungen werden angebracht und die Mitarbeiter ermutigen die Skipper, solche auszubringen, wo immer es möglich ist; also Leinen auch quer über Stege hinaus auszuspannen. Mittlerweile tanzen die Boote schon wirklich äußerst unruhig in ihren Leinen.
Es wird Abend. Die Gespräche über Wetter und Vertäuung der Boote nehmen zu. Die Marineros warnen, dass es heute nacht deutlich mehr Strömung und Schwell geben wird. Erste Stimmmeldungen kommen hoch, dass Skipper ihre Schiffe mit der umfassenden Vertäuung fotografieren, zur Dokumentation für die Versicherung im Falle möglicher Schäden in der kommenden Nacht. Eine etwas übertriebenen Maßnahme finden wir. Wir justieren unsere Leinen, und bringen wie schon früher in solchen Situationen Leinen mit Ruckdämpfern aus. Manche kritischen Festmachern werden doppelt geschoren. Anhänge wie der Hydrogenerator werden abgebaut. Alles Unnötige wird unter Deck verstaut. Das sollte genügen.
Der Schwell und Strömung nehmen im Laufe der Nacht in der Tat deutlich zu. Die Schiffe tanzen nervös wie Pferde vor einem Pferderennen. Während der Wind nur leicht in den Wanten brummt, tönt ein lautes Ächzen, Knarren und Knirschen durch den Hafen. Ein hässliches Konzert. Auch Ithaka benimmt sich wie eine Wilde, auch wenn sie ziemlich sanft in die Leinen einruckt. Ab 2 Uhr ist ein Schlafen kaum mehr möglich. Zu heftig sind die Bewegungen. Am nächsten Morgen hören wir, dass bei anderen Schiffen die Trossen gerissen sind oder die Leinen so gedehnt wurden, dass die Schiffe in den Steg geschlagen haben. Übel.
Das Ganze beruhigt sich in den Morgenstunden. Der Schwell und Strömung gehen zurück. Die Sonne geht auf, aber es stehen Regen und Wolken im Nordwesten. Offensichtlich die Rückseite des Tiefs. Der Wind geht schlafen und es beginnt zu regnen.
Aus den Nachrichten sehen wir, dass der Sturm tatsächlich Richtung Lissabon gezogen ist und sich auflöst. Der Forecast zeigt schon am Abend die Entwicklung.
Das ist gut, aber Michael wartet schon weiter im Norden. Macht der uns jetzt die nächsten Probleme? Wirbelstürme noch um diese Zeit sind nicht günstig für eine Atlantiküberquerung.
Grüße aus dem heute regnerischen Lanzarote.
Die Ithaka Crew
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