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Warten auf Odysseus in Las Palmas

Wir versuchen ernsthaft, mit Gran Canaria warm zu werden. Das funktioniert aber nicht. Gerade habe ich mit meiner Schwester Bettina in Westfalen telefoniert. Sie berichtete mir von grauem Novemberwetter und beginnendem Novemberblues bei den Menschen. Sie wähnte uns im Sonnenschein bei 25 Grad und war erstaunt zu hören, dass auch ich heute mit Novemberblues aufgestanden bin und zu Christoph gesagt habe, dass ich diesen ständigen grauen Himmel einfach satt habe. Ja, es ist warm hier und der Dresscode ist immer noch kurze Hose, T-Shirt und Flipflops, aber hier in Las Palmas ist es in letzter Zeit meist grau und regnerisch.

Was mich am meisten stört ist, dass die Luft hier so schmutzig ist! Wir liegen in einer Marina mit 1250 Booten mitten in der drittgrößten Stadt Spaniens. Wenn wir zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs sind oder gar Morgengymnastik an Deck machen, atmen wir in ein paar Stunden vermutlich so viel Schadstoffe ein wie in Aschau in einem Jahr!

Dazu kommt, dass Las Palmas der größte Hafen Spaniens ist und von den riesigen Container- und Kreuzfahrtschiffen ständig Mengen an Rußpartikeln zu uns hinübergeweht werden, so dass wir selbst an Bord unserer Ithaka schwarze Fußsohlen bekommen.

LasPalmas

Las Palmas Nordspitze mit Teil des Hafens im Hintergrund

Hafen Las Palmas

Marina – (Foto aus dem Cruising Guide… bei schönem Wetter)

Aber die Schiffe liegen ruhig und sicher. Nur wenn es wie vor ein paar Tagen starken Nordwind gibt, springen die Skipper an unserem Steg alle zusammen von Boot zu Boot und holen die Mooringleinen dicht (Das sind Festmachertaue, die auf dem Grund an großen Betonklötzen (Moorings) festgemacht sind und mit denen der Bug des Schiffen am Platz gehalten wird.)

Wir haben 3 Tage ein Auto gemietet, um uns die Insel anzuschauen. Im Süden ist es trockener und sonniger, dafür aber sehr massentouristisch. So wie die Playa del Ingles stelle ich mir den Ballermann auf Mallorca vor: Ein Hochhaushotel nach dem anderen und eine lange Strandpromenade mit gefühlt hunderten voll besetzten Lokalen mit großen Sangriakaraffen, Bierzapfhähnen und Ramschläden. Schade, dass wir von der Kneipe „Papi´s Grill“ kein Foto gemacht haben, das war in diesem Umfeld wirklich die Spitze!! Vereinzelt gibt es tolle Strände, einige nette Dörfer und schöne Aussichten, aber die Tour in die sehr schöne Berglandschaft endete in Wolkenbergen ohne Aussicht.

Playa del Ingles

Riesige Sanddünen im Süden der Insel

Playa del Ingles 2

Eine sehr spezielle Atmospäre in Playa del Ingles

Sehr nett ist es hier in der Gemeinschaft der Segler, die sich jetzt für die ARC+ zusammenfinden. An unserem Steg liegen 8 Schiffe von den 70, die sich in einer Woche auf den Weg in die Karibik machen werden.

Die Boote sind über Top und Takel geflaggt, was wirklich sehr hübsch ist. (Flaggenalphabet in einer definierten Reihenfolge gemäß Vorschrift der britischen Marine über das Vor- und Achterstag gesetzt). Es herrscht eine angeregte Stimmung mit gegenseitigem Kennenlernen, viel Erfahrungsaustausch und gegenseitiger Hilfsbereitschaft.

Jede Crew und jeder Mensch bringt etwas ein: Die einen kennen schon die Karibik im Detail, die anderen sind technische Spezialisten, Segellehrer sind dabei wie auch Kochexperten usw.. Viel gelernt haben wir inzwischen auch im Hinblick auf die unterschiedlichen Nationalitäten. So mussten wir für unsere englischen Freunde erst einmal Gin Tonic und Cola Rum an Bord schaffen, weil sie mit unserem trockenen Wein, unserem Ouso und Cognac als Sundowner so gar nichts anzufangen wussten!

Top und Takel 2

Das typische Wetter hier… grau

Top und Takel

Ein sonniger Moment. Alle Schiffe sind herausgeputzt und bereit für die Abfahrt

Alle unsere Stegnachbarn haben uns getröstet, als unser neues Beiboot, welches Odysseus heißen soll, am Samstag nicht wie versprochen bei Ithaka aufgetaucht ist, sondern ähnlich wie in Homers Odyssee zwar nicht bei den Sirenen, aber beim Zoll hängengeblieben ist. Odysseus werden wir unser Dinghi taufen, weil es in Zukunft immer wieder den Weg zu Ithaka finden soll. Wir wissen inzwischen, dass sich unser altes PVC-Beiboot unter der Sonneneinstrahlung der Karibik wahrscheinlich binnen kurzer Zeit auflösen würde und es dann schwierig und sehr teuer sein wird, ein neues zu beschaffen. Deshalb haben wir hier ein neues bestellt. Als es nicht kam, gab es dann am Samstag statt einer Dinghi-Welcome-Party am Steg einen No-Dinghi-Drink an Bord, bei dem die deutschen Crews die Daumen gedrückt und die englischen die Finger gekreuzt haben, damit Odysseus im Laufe der Woche doch noch den Weg zu Ithaka findet!

In der Karibik wird meist geankert. Der Weg an Land ist mitunter sehr weit und es gilt so manche Brandungswellen zu überwinden. Deshalb wird Odysseus auch gleich einen neuen, deutlich stärkeren Außenbordmotor erhalten, denn wie ein erfahrener Segler sagte: Auf den Weltmeeren ist dein Schiff dein Haus und dein Dinghi dein Auto!  Aber auch dieser Teil des Autos ist noch im Zoll!!!

Ich hoffe sehr, dass wir euch noch vor unsere Abfahrt ein Foto von Odysseus und dem neuen Außenborder schicken können. Bitte auch zu Hause die Daumen drücken!

PS: Gestern habe ich den ersten Teil geschrieben, prompt scheint heute wieder die Sonne bei leichtem Wind, so dass ich einen perfekten Waschtag einlegen konnte!!

Wäsche

Turbo Summary for English Readers:

We spend some 4 weeks in Las Palmas to prepare the boat for the Atlantic crossing. We do some sightseeing and try to get a bit closer to the island, but in vain. We join here the ARC+ fleet with 72 boats and get to know their crews. Preparation work and trainings take place every day.  This keeps us very busy in mostly grey weather on an island. Our new dinghi and outboard arrive at the very last moment. Finally, we depart to Cap Verdes.

Es grüsst Euch herzlich,

Angela

CCO – Chief Cleaning Officer

3 replies »

  1. Wunderbar der neue Blog. Er bringt mich zum Schmunzeln an einem vernebelt-grauen, kühlen Tag in Walldorf. Weiterhin gute Vorbereitungen auf den grossen Segelturn in die Karibik.
    Viele Grüsse, Lars

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  2. Hallo ihr Lieben,
    Bevor ihr bald den großen Schlag über den Atlantik macht, möchte ich es nicht versäumen Euch viel Glück zu wünschen. Eure Berichte sind sehr authentisch, ehrlich und erfrischend.
    Vielen Dank dafür; bitte weiter so.
    Ich werde eure Überfahrt auf den mir zur Verfügung stehenden Apps begleiten und überwachen.
    Sollte ich feststellen, dass ihr mal falsch abbiegt, werde ich mich sofort melden.
    Ich habe großen Respekt vor eurem Mut . Chapeau !
    So Long, kommt bitte heil zurück
    Silvia und Fernando

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  3. Ihr Lieben,
    ich halte euch beide Daumen gedrückt und wie die Franzosen so schön sagen: Je vous croise les doits!!
    Die Franzosen würden euch auch ein herzliches „merde“ schicken- was so viel bedeutet wie „Viel Glück!“

    Liebe Grüße aus Paris (Auch alles grau in grau und stürmisch!)
    Kathi

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